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Top4Job: Beziehungsorientiert zu neuen Perspektiven.

Für viele Jugendliche ist der Schritt aus der obligatorischen Schulzeit in eine zertifizierende berufliche Grundausbildung mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Die Zahlen und Statistiken variieren, aber man kann festhalten: Es sind nicht wenige, die beim Übertritt an der Nahtstelle zwischen Sekundarstufe I und II ohne Ausbildungsplatz bleiben. Neben beruflichen Orientierungsschwierigkeiten sind es oft fehlende psychosoziale Ressourcen in mehreren Lebensbereichen und schwierige familiäre Verhältnisse, welche den erfolgreichen Eintritt ins berufliche Leben erschweren.

Neuere Forschungsergebnisse zeigen ausserdem, dass in vielen Fällen Selektionskriterien eine relevante Rolle spielen, die im bildungspolitischen Diskurs wenig Erwähnung finden. Es sind dies Faktoren wie die soziale Herkunft, das Geschlecht und die Unterstützung durch Elternhaus und Schule. Faktoren also, die sich mit dem Postulat der strukturellen Chancengleichheit nicht vereinbaren lassen und demnach keine Rolle spielen dürften, es aber im Endeffekt trotzdem tun – mit erheblichen Konsequenzen für die betroffenen Jugendlichen. Bleibt eine Anschlusslösung nach der obligatorischen Schulzeit zunächst aus, wird die Chance, in eine zertifizierende Berufsusbildung einzutreten und diese erfolgreich abzuschliessen, substanziell reduziert.

An dieser Stelle setzen Brückenangebote und Berufsvorbereitungsmassnahmen wie das Trainingsprogramm «Top4Job» der Streetchurch an. «Top4Job» bietet jungen Menschen zwischen 15 und 25 Jahren, die den Einstieg in die Berufswelt aus diversen, oft multifaktoriellen Gründen, bisher nicht gefunden haben, eine niederschwellige und ganzheitliche Tagesstruktur mit individueller Unterstützung und Hinführung an den ersten Arbeitsmarkt. Ziel ist es, die Teilnehmerinnen in eine Lehre, ein Praktikum oder eine feste Arbeitstelle zu integrieren. Dies geschieht durch die Förderung der Lebenskompetenzen, insbesondere der Arbeits-, Selbst- und Sozialkompetenzen. Die Teilnehmerinnen gehen auf Arbeitseinsätze im Bereich Reinigung und Unterhalt und besuchen die Bildung, wo sie sich ihrem Berufswahl- und Bewerbungsprozess und der Weiterentwicklung ihrer schulischen Fähigkeiten widmen sowie an Modulen zu allgemeinen Lebenskompetenzen teilnehmen und mitwirken.Ausserdem können psychologische und sozialarbeiterische Beratung in Anspruch genommen und so psychosoziale Ressourcen (Wohnsituation, finanzielle Sicherheit, physische und psychische Gesundheit) gestärkt werden.

Ein interdisziplinäres Team aus den Bereichen Sozialberatung, Agogik, Andragogik und Psychologie begleitet die jungen Menschen professionell und ressourcenorientiert. Die Erfahrung zeigt, dass dieser holistische Ansatz und der Fokus auf die Beziehungorientierung, eine wichtige Grundlage für gelingende Veränderungsprozesse der Jugendlichen und jungen Erwachsenen darstellt. Beziehungsorientierung heisst für uns auch ein bewusstes Angebot zur Gemeinschaft. Dies zeigt sich beispielsweise im spontanen Austausch beim Mittagessen, in ausserprogrammlichen Angeboten, wie dem wöchentlichen Sport in einer nahegelegenen Turnhalle, aber auch in der Bereitschaft, auch ausserhalb der Angebotszeiten für Anliegen und Gespräche verfügbar zu sein. Das alles geschieht bedacht und achtsam und im Wissen, dass mancher Professionalisierungsdiskurs davor warnt.

Immer wieder erleben wir, wie lohnenswert dieser Weg ist und dass junge Menschen mit schwierigen persönlichen Geschichten und Mehrfachproblematik, unter anderem dadurch ihre Motivation wiederfinden, sich auf einen Veränderungsprozess einlassen und so handlungsfähig werden und gelingendes Leben entdecken. Eine Teilnehmerin hat kürzlich erklärt, sie komme nicht nur für die Arbeit und ihre persönlichen Integrationsziele in die Streetchurch, sondern habe hier auch ein zweites Zuhause gefunden. Ich bin der Überzeugung, dass eine solche Atmosphäre des «nach Hause kommens» die perfekten Rahmenbedingungen für junge, entwurzelte Menschen schafft und sie ermutigt und befähigt, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen und mit neuer Perspektive ihre Ziele zu verfolgen.

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Portraits

3 Fragen an Maria (23), Praktikantin aus Deutschland

Wer bist du und was machst du in der Streetchurch?

Ich bin Maria, bin 23 Jahre alt, bin Studentin in Leipzig (Deutschland) und hier in der Streetchurch bin ich Praktikantin. Seit 10 Monaten arbeite ich mit in der Bildung. Dort schreiben wir Bewerbungen zusammen. Und ich bin im Lerncoaching, wo ich einzelnen Teilnehmenden helfe, bessere Lernstrukturen zu finden oder sich besser zu organisieren oder auch Lerntipps weitergebe.
Eins meiner prägendsten Erlebnisse hier war, als ich anfangen durfte Lerncoaching-Sessions zu planen und umzusetzen so wie ichs ein Stück weit gelernt hatte. Und ich war im Lerncoaching im Einzelgespräch und dort kamen wirklich Erfolge zustande weil wir an den ganz aktuellen schulischen Themen gearbeitet haben und Leute sind über sich hinausgewachsen.

Das feiere ich mega an diesem individuellen Setting, dass ich wirklich Zeit habe für Lerncoaching.

Und was ich zusätzlich noch mache, ist mich einbringen in die Community. Ich bin voll gerne unter Menschen und erlebe gerne Sachen. Ich hab zum Beispiel ein Streetchurch-Ausflug geplant. Im Sommer zum Wandern, im Winter zum Schlitten fahren. Dabei kann man Leute einfach beheimaten und ein Stück weit zusammen holen und gemeinsame Erlebnisse schaffen, die Beziehungen entstehen lassen.
Streetchurch habe ich tatsächlich online gefunden. Ich hab mich informiert. Was sind neue Formen von Gemeinde? Wie kann Berufsorientierung auch aussehen für mich persönlich aus meinem Studium heraus. Wo kann ich beruflich andocken. Und die Homepage hat mich dann eingeladen dazu eine Mail zu schreiben, zu fragen: «Hey habt ihr ein halbes Jahr Zeit. Kann ich dazu kommen und ich bin einfach dabei. Ich hab ein halbes Jahr Zeit und schenk die euch.»

Das Motto der Streetchurch ist «Love can do it», was heisst das für dich?

Ich glaube, dass Liebe ein Motor ist. Und dort wo Menschen beheimatet werden, dort blühen sie auf. Dort wo Menschen geliebt werden dadurch blühen sie auf und merken «Hey, ich bin was wert, ich kann was. Ich will mich dort auch ausprobieren.» Und ich glaube, dass wir Räume schaffen können, wo Leute das erleben dürfen und dass Liebe der Antrieb oder der Motor dafür ist. Das ist für mich die Bedeutung von dem Motto. Und ich wünsche mir, dass das weiter passieren darf.

Ich träume davon, dass in den nächsten drei Jahren…
Ich träume davon, dass ich in den nächsten 3 Jahren vielleicht jungen Leuten begegne, die ich begleitet hab und die mir erzählen, dass sie einen Lehrertrag unterschrieben haben oder, dass sie gemerkt haben was sie können. Das sie ihre Gaben besser herausgefunden haben. Ich träume davon auch, dass Teilnehmende, die jetzt im Top4Job-Programm sind später Teil vielleicht vom Kids-Programm sind oder merken «Hey, ich möchte Köchin werden – ich könnte doch im Restaurant arbeiten, ich könnte doch im Service in der Grow Session mithelfen». Dass dort einfach Verknüpfungen entstehen zwischen dem Top4Job und der Grow Session.
Ganz persönlich siehts bei mir so aus, dass ich wieder zurück gehe. Mein Studium beende in Deutschland und dann werde ich als Lehrerin arbeiten. Ich hoffe, dass ich in einer Förderschule arbeiten kann mit jungen Menschen auch in der Berufsorientierung. Und dann werden wir mal sehen, was an Berufen oder was an Stellen noch auf mich zu kommt. Aber ich wünsche mir einen guten Einstieg ins Berufsleben.

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Top4Job – Emmanuel erzählt von seinen Erfahrungen.

Interview mit Emmanuel (ehemaliger Top4Job-Teilnehmer).

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Top4Job – Filip und Macieli erzählen von ihren Erfahrungen.

Interviews mit Filip (Top4Job-Teilnehmer) und Macieli (ehemalige Top4Job-Teilnehmerin).

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Streetchurch-Talk Nr. 1 – Jayden und Jaël

Jayden (Top4Job-Teilnehmer) hat aus Eigeninitiative die Streetchurch-Talks gestartet. Im ersten Video interviewt er Jaël (Leiterin Begleitetes Wohnen).

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3 Fragen an Elvir (26), Kulinarik-Team und Teilnehmer Aufbautraining

Wer bist du und was machst du in der Streetchurch?
«Mein Name ist Elvir, bin 26 Jahre alt und seit 2 Jahren bin ich in der Streetchurch.
Momentan mache ich ein Aufbautraining in der Sozialfirma. Das heisst ich baue lansgam wieder auf, da ich lange nicht mehr im ersten Arbeitsmarkt gearbeitet habe.
Mit der Sozialfirma gehen wir Liegenschaften reinigen, täglich desinfiziere ich alle Tische und Büros.»

Das Motto der Streetchurch ist «Love can do it», was heisst das für dich?

«“Love can do it“ steht für mich für sehr grossen Zusammenhalt. Das habe ich hier sehr schnell erlebt. Ich war Anfangs sehr skeptisch gegenüber dem Ganzen.
Aber das ist schnell verflogen je öfters ich da gewesen bin. Ich habe gemerkt, dass es den Leuten hier egal ist woher man kommt und was du für eine Geschichte hast.
Es geht vor allem drum diese Liebe und den Zusammenhalt zu zeigen und
es war für mich ein Neuanfang.
Ich war im Zentrum am Bewerbungen schreiben als mich mal jemand gefragt hat,
ob ich Lust hätte mitzukochen und bei den Grow Sessions dabei zu sein.
Das hat für mich eine neue Sicht auf alles eröffnet… es ist wie eine grosse Familie.
Ich habe viele neue Bekanntschaften gemacht, was ich so nicht erwartet hätte,
da ich eher ein ruhigerer Mensch bin.
Dann ist da auch noch das Camp, das jedes Jahr statt findet – wenns dann wieder möglich ist. Das ist auch etwas ganz tolles. Verschiedene Leute, nicht nur in meinem Alter sondern auch älter oder auch mit Kindern, fahren zusammen ins Camp. Das war ein sehr sehr schönes Erlebnis, das ich nicht mehr vergessen werde.
„Love can do it“ ist für mich auch ein sehr grosses Motto geworden… dass man auch anderen die gleiche Liebe geben soll, wie man sie selber bekommen hat.»

Ich träume davon, dass in den nächsten drei Jahren…
«Ich würde gerne selbständiger werden, was ich da schon sehr gut gelernt habe…

und ich hoffe, dass ich in 3 Jahren bei der Sozialfirma festangestellt bin.

Wenns da nicht klappt, kann ich mir auch etwas in der Küche vorstellen, da das eigentlich schon immer ein Wunsch von mir war, der zwar über all die Jahre verloren gegangen ist, aber hier wieder neu entfacht wurde.
Und ausserdem möchte ich neben diesem Prozess so viele Leute wie möglich für die Streetchurch begeistern. Sei es aus meinem privaten Umfeld oder Leute, die ich neu kennen lerne.Ich finde es sehr wichtig, dass Leute, die eine ähnliche Situation wie ich sind, wissen dürfen, dass es einen Weg gibt – dass nicht alles verloren ist… so wie ich es erleben durfte.»

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3 Fragen an Matthieu (24), Ehemaliger Teilnehmer «Top4Job»

Wer bist du und was machst du in der Streetchurch?
«Ich bin Matthieu und habe im Sommer meine Lehre zum Koch abgeschlossen. Vor dieser Lehre war ich 2 Jahre in der Streetchurch, da ich meine erste Lehrstelle verloren und viele private Probleme hatte. Mir wurde gesagt, dass mir hier geholfen wird… und es wurde mir geholfen.»

Das Motto der Streetchurch ist «Love can do it», was heisst das für dich?

«Das Gefühl, willkommen zu sein.

Auch wenn man in der Vergangenheit falsche Entscheidungen getroffen hat, wird man hier gut behandelt. Man kann ehrlich sein und es wird einem geholfen. So kommt man langsam aus dieser Spirale raus.»

Ich träume davon, dass in den nächsten drei Jahren…
«Die grössten Träume habe ich schon erreicht: Lehre abgeschlossen, meine Finanzen im Griff, das Privatleben läuft gut. Was will man da noch mehr? Da träume ich höchstens noch davon, in ein paar Jahren eine Familie zu gründen.»

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Tabea: «…wie eine grosse durchgeknallte Familie.»

Bevor ich zur Streetchurch kam, hörte ich immer wieder den Satz: «Wer arbeiten will, findet auch etwas». Ich fühlte mich minderwertig, weil ich scheinbar den Anforderungen nicht genügte. Das machte mich unruhig. Nach einer Odyssee von Brückenangeboten, Praktika, einer abgebrochenen Lehre und Aushilfsjobs stiess ich per Zufall auf das Top4Job-Programm der Streetchurch. In die Schule gehen und daneben arbeiten und dabei noch etwas verdienen – das klang perfekt für mich. Von da an ging es bergauf für mich.

Ich kam wieder zur Ruhe, fühlte mich sehr schnell gut aufgehoben und wohl.

Auch die Zuversicht der Leute tat mir gut. „Du findest sicher etwas auf diesen Sommer, lass den Kopf nicht hängen.“ Ich merkte, dass es noch Menschen gibt, die an mich glauben. Man nahm sich Zeit für mich.
Nach ein paar Monaten rief mich ein Betrieb an, dass sie meine Berwerbung top fänden aber leider im Moment keine freie Lehrstelle haben. Sie haben dann meine Bewerbung behalten und als die Lehrstellen fürs nächste Jahr ausgeschrieben wurden, haben Sie mich erneut angerufen. Nach dem Schnuppern und dem Vorstellungsgespräch bekam ich die Zusage für die Lehrstelle.
Meine Lehre als Netzlektrikerin EFZ ist nicht gerade ein Zuckerschlecken und darum möchte ich, wenn ich gestartet bin, ins Lerncoaching in die Streetchurch gehen. Ich möchte die Lehre durchziehen und den andern auch zeigen, «hey, ich hab`s geschafft».
Ich bin der Streetchurch sehr dankbar. Du wirst hier angenommen, so wie du bist. Das macht die Streetchurch aus – man ist zusammen unterwegs, wie eine grosse durchgeknallte Familie. Ich habe jetzt schon ein lachendes und weinendes Auge. Einerseits habe ich eine Lehre und andererseits muss ich mich von der Streetchurch lösen und kann nicht mehr gleich Teil sein wie ich es jetzt bin. Aber ich möchte trotzdem ab und zu vorbeikommen, in die Grow Sessions, oder einfach sonst mal, um zu erzählen, wie es in der Lehre läuft.

Tabea (25)