Kategorien
Portraits

Vanessa: «Ich kam mit der Torte in den Raum und alle haben mich mit offenen Mündern angeschaut.»

Ich kam 2015 in die Streetchurch. Mir ging es damals schlecht. Ich war auf der Suche nach einer Lehrstelle im Pflegebereich und hab ewig nichts gefunden. Meine Mutter hat dann ein Inserat von Top4Job in der Zeitung gesehen. Ich hab mich für ein Vorstellungsgespräch angemeldet. Und prompt kam ich beim ersten Gespräch zu spät und wurde wieder nach Hause geschickt. Beim zweiten Termin hat`s dann geklappt und ich bin ins Top4Job-Programm eingestiegen.

Vanessa im März 2016 beim Fotoshooting für «Gesichter und Geschichten»


Es brauchte mich zu Beginn recht Überwindung in die Streetchurch zu gehen, aber ich konnte enorm wachsen, da ich Unterstützung von allen Seiten bekam. Man wird einfach mit neuer Energie erfüllt.
Nach einer Weile begann ich mit einer Freundin jeden Mittwoch für die Leute zu kochen und da merkte ich, dass ich das mega, mega gerne mache. Ein besonderer Moment war, als ich mal eine riesige Torte gemacht habe.

«Ich kam mit der Torte in den Raum und alle haben mich mit offenen
Mündern angeschaut und applaudiert. So entstand mein Wunsch Köchin zu werden.»

Nach einem halben Jahr fand ich eine Lehrstelle als Küchenangestellte EBA und hängte im Anschluss gleich noch Köchin EFZ an. Ich hatte während der Lehre immer Begleitung durch die Streetchurch. Das hat mir sehr geholfen – auch, dass sie mit meinem Betrieb in Kontakt waren.
Gastro ist ein stressiger Bereich aber wenn du mit Leidenschaft kochst, hat diese Arbeit eine grosse Anziehungskraft. Du musst kreativ und belastbar sein. Da kann man ein stückweit reinwachsen, aber eine Grundvoraussetzung muss schon vorhanden sein.


Bei der Streetchurch habe ich schon mehrere Male bei Caterings mitgeholfen. Wie da im Team zusammen gearbeitet wurde, war einfach mega. An anderen Orten hab ich erlebt, dass jeder für sich arbeitet. Aber bei diesen Caterings hatte man zusammen Spass beim Kochen.
Mein Lehrabschluss war letztes Jahr genau während der Corona Pandemie. Trotzdem fand ich im Anschluss eine Stelle, die ich aber nur für 2 Monate behalten konnte. Die Pandemie hatte meinen Arbeitgeber zu fest mitgenommen und sie mussten Leute entlassen. Ein halbes Jahr war ich dann auf der Suche nach einer neuen Stelle, bis ich einen neuen Vertrag unterschreiben konnte. Im Gastrobereich aber leider nicht wirklich als Köchin. Ich möchte bald wieder richtig kochen – am liebsten bei der Streetchurch.

Vanessa, ehemalige Top4Job-Teilnehmerin

UPDATE
Von Januar bis März 2022 erprobt die Streetchurch das «LunchLab» in einem Pilotprojekt. Vanessa wird die erste festangestellte Köchin in der Geschichte der Streetchurch. 
www.streetchurch.ch/lunchlab

Kategorien
Portraits

Jason: «Ich bin angekommen und kann mich weiter entwickeln.»

«Nach meiner Lehre zum Hauswirtschaftspraktiker EBA und der anschliessenden RS wollte ich zuerst einmal andere Erfahrungen sammeln. Ich arbeitete im Detailhandel, im Security-Bereich, als Müllmann, in der Küche und zuletzt noch in der Logistik. Aber nirgends fühlte ich mich so richtig am richtigen Ort. Meine Eltern wünschten sich für mich, dass ich meinen Weg finden würde und empfahlen mir das Top4Job, das sie durch ein Zeitungsinserat entdeckt hatten. Ehrlich gesagt hatten sie mir dies schon Jahre zuvor empfohlen, aber ich wollte zuerst andere Wege ausprobieren. 2018 startete ich dann ins Top4Job, das mir übrigens sehr gefiel, und fand auch eine Anschlusslösung: Eine Lehre als Fachmann Betreuung – also in einem komplett anderen Bereich. Aber ich konnte den an mich gestellten Ansprüchen nicht genügen und habe daher sehr viel gearbeitet. Das war unbefriedigend und es kam zu einem Lehrabbruch und ich absolvierte zunächst mal meinen WK. Ich kam dann wieder in die Streetchurch – dieses Mal aber in die Sozialberatung. Dabei hörte ich davon, dass eine Lehrstelle als Fachmann Betriebsunterhalt bei der Streetchurch offen sei. Ich wurde hellhörig. Das wäre eigentlich back to the roots – da anknüpfen, wo ich vor vielen Jahren mit meiner EBA-Lehre begonnen hatte und eigentlich happy war. Und dann noch an einem Ort, bei dem ich wusste, dass ich mich wohl fühlen würde. Natürlich habe ich mich um die Stelle beworben.

Auch Reinigungsarbeiten gehören zu Jasons Aufgaben.

Im August 2020 konnte ich dann mit der Lehre starten. Ich bin mega froh, dass ich mich dafür entschieden und die Stelle auch bekommen habe. Ich bin angekommen und kann mich weiter entwickeln.

«Ich habe die Freude am Lernen wieder gefunden.»

Im schulischen Bereich habe ich meine grössten Knacknüsse, aber durch meine Motivation konnte ich mich verbessern und das motiviert mich wiederum. Mir gefällt der Bezug zu Theorie und Praxis und ich sehe laufend, wie ich mich verbessere.
Nach der Lehre möchte ich zunächst auf dem Beruf arbeiten und mich dann zum Hauswart weiterbilden… und vielleicht wird’s ja dann auch noch etwas mit meinem Kindheitstraum von der Schauspielschule … aber zuerst will ich einmal die Lehre meistern.»

Jason, Lernender Fachmann Betriebsunterhalt EFZ

Kategorien
Portraits

Rebekka: «…ein Ort, der Vertrauen in mir weckt.»

«Ich war vor vielen Jahren bei der ersten Top4Job-Durchführung dabei. Ich erinnere mich noch: Ich war grad mega deprimiert wegen einer Absage und ihr hattet damals noch den Fensterputzer an der Scheibe an der Birmensdorferstrasse. Weil ich diesen sah, ging ich rein und fragte, was das genau sei. So kam ich in die Streetchurch. Ich habe gute Erinnerungen an diese Zeit. Im Anschluss begann ich die Handelsschule, welche ich aber, weil meine Stipendien nicht mehr bewilligt wurden, nicht mehr weitermachen konnte. Das Bürofachdiplom konnte ich dank Stiftungsgeldern, die die Streetchurch aufgetrieben hatte, noch machen. Aber dass dieser Weg nicht mehr weiter ging zog mich schon runter. Nach einem Praktikum und einem Lehrabbruch im kaufmännischen Bereich habe ich die Lehre als Restaurationsfachfrau gemacht. Aber bei der praktischen Prüfung hatte ich Blackouts – wohl die Nervosität – und ich habe diese nicht bestanden. Das war ein weiterer Tiefschlag… und zu allem wurde ich auch noch schwanger. Das klingt jetzt negativer, als es gemeint ist. Es ist eine schöne Erfahrung. Ich freue mich über meinen Sohn. Es war halt in dem Moment nicht ganz das, was geplant war. Aber es ist jetzt doch schön, Mami zu sein. Man beginnt anders zu denken, hat andere Prioritäten. Es ist schon krass, was es in einem auslöst. Ich hab mich nochmals recht verändert, seit der Kleine in meinem Leben ist.
Schon länger bin ich bei Andrea in der Sozialberatung. Früher nur sehr sporadisch, wenn grad was aktuell war. Im Moment aber regelmässiger. Die Themen reichen vom üblichen Bürokram, wie Finanzen, bis hin zu Anträgen oder Vaterschaftsanerkennung, weil wir nicht verheiratet sind, oder Fragen mit den Ämtern klären. Was auch sehr wertvoll ist für mich: Andrea wurde ja kurz vor mir auch Mutter und wir tauschen uns auch da drüber aus. Sie hilft mir jetzt auch mit Tipps oder kann mir mit Kleidern etc. weiter helfen, da ich in meinem Umfeld nicht viele andere Mütter habe. Die Streetchurch ist ein Ort, der Vertrauen in mir weckt.
Eine naheliegende Idee wäre jetzt eigentlich, dass ich nochmals an die praktische Prüfung als Restaurationsfachfrau gehen würde… aber da müsste ich ein Jahr wiederholen und das finde ich schwierig, da ich als Mutter die Flexibilität, die dieser Bereich oft verlangt, nicht bieten kann. Ich möchte aber einfach noch eine Lehre abschliessen – damit ich einen Abschluss habe und auf eigenen Beinen stehen kann.»

Rebekka (30)

Rebekka posierte damals für unseren Winterarbeitsflyer.
Kategorien
Portraits

Nedeljko: «Endlich meine eigenen Brötli verdienen.»

Nach zwei Jahren nichts tun war es für mich hart am Morgen aufzustehen. Aber ich wollte endlich «lernen, meine eigenen Brötli zu verdienen».
Nach dem 10. Schuljahr hatte ich eine Lehre begonnen und diese nach nur wenigen Monaten abgebrochen. Ich hatte keine Perspektive mehr fürs Leben.
Über ein Beratungsangebot bin ich auf die Streetchurch aufmerksam geworden. Zum Glück! Leute wie hier hab ich noch nie erlebt. So nett und hilfsbereit. Ich habs nie
bereut hierhin gekommen zu sein. Auf den Sommer habe ich eine Lehrstelle als Gebäudereiniger gefunden.
Das Vorstellungsgespräch war via Zoom – das war seltsam. Die Schnupperlehre hat mir sehr gut gefallen und ich bekam die Stelle. Dieses Mal klappts!
Nedeljko (21)

Kategorien
Portraits

Tabea: «…wie eine grosse durchgeknallte Familie.»

Bevor ich zur Streetchurch kam, hörte ich immer wieder den Satz: «Wer arbeiten will, findet auch etwas». Ich fühlte mich minderwertig, weil ich scheinbar den Anforderungen nicht genügte. Das machte mich unruhig. Nach einer Odyssee von Brückenangeboten, Praktika, einer abgebrochenen Lehre und Aushilfsjobs stiess ich per Zufall auf das Top4Job-Programm der Streetchurch. In die Schule gehen und daneben arbeiten und dabei noch etwas verdienen – das klang perfekt für mich. Von da an ging es bergauf für mich.

Ich kam wieder zur Ruhe, fühlte mich sehr schnell gut aufgehoben und wohl.

Auch die Zuversicht der Leute tat mir gut. „Du findest sicher etwas auf diesen Sommer, lass den Kopf nicht hängen.“ Ich merkte, dass es noch Menschen gibt, die an mich glauben. Man nahm sich Zeit für mich.
Nach ein paar Monaten rief mich ein Betrieb an, dass sie meine Berwerbung top fänden aber leider im Moment keine freie Lehrstelle haben. Sie haben dann meine Bewerbung behalten und als die Lehrstellen fürs nächste Jahr ausgeschrieben wurden, haben Sie mich erneut angerufen. Nach dem Schnuppern und dem Vorstellungsgespräch bekam ich die Zusage für die Lehrstelle.
Meine Lehre als Netzlektrikerin EFZ ist nicht gerade ein Zuckerschlecken und darum möchte ich, wenn ich gestartet bin, ins Lerncoaching in die Streetchurch gehen. Ich möchte die Lehre durchziehen und den andern auch zeigen, «hey, ich hab`s geschafft».
Ich bin der Streetchurch sehr dankbar. Du wirst hier angenommen, so wie du bist. Das macht die Streetchurch aus – man ist zusammen unterwegs, wie eine grosse durchgeknallte Familie. Ich habe jetzt schon ein lachendes und weinendes Auge. Einerseits habe ich eine Lehre und andererseits muss ich mich von der Streetchurch lösen und kann nicht mehr gleich Teil sein wie ich es jetzt bin. Aber ich möchte trotzdem ab und zu vorbeikommen, in die Grow Sessions, oder einfach sonst mal, um zu erzählen, wie es in der Lehre läuft.

Tabea (25)

Kategorien
Portraits

Macieli: «Ich werde als Individuum angeschaut..»

«Nach der obligatorischen Schulzeit machte ich zwei Praktika und war dann ein halbes Jahr lang arbeitslos. Daher war ich froh, ins Programm Top4Job einsteigen zu können. Ich gab Gas, erreichte bereits nach drei Monaten die Stufe 3 und fand bald darauf eine Lehrstelle. Diese verlor ich leider wieder wegen eines Missverständnisses. Für mich war klar, dass ich – falls sich eine Möglichkeit bieten sollte – wieder bei der Streetchurch einsteigen würde.

Mir gefällt das Gemeinschaftsgefühl hier… und ich werde als Individuum angeschaut. Wenn ich beispielsweise Hilfe bei meinen Finanzen brauche, schaut man sich diese mit mir an. Bei der Sozialfirma habe ich – von Umzugsdienst und Gartenarbeit einmal abgesehen – vom Schaufensterputzen bis zur Wohnungsendreinigung schon fast alles gemacht. In der Schule arbeite ich an der Verbesserung meiner Bewerbungsschreiben und Deutschkenntnisse. Mathematik darf ich aufgrund meiner bereits guten Kenntnisse leider nicht üben. Daneben gehe ich ab und zu auch in die Grow Sessions und zum Sport. All das gibt mir Sicherheit und Selbstvertrauen. Sollte ich im Sommer eine Lehrstelle antreten dürfen, wäre ich bestimmt gut vorbereitet.»

Kategorien
Portraits

Felipe: «Heute ertappe ich mich sogar dabei, dass ich in meiner Freizeit zu lernen beginne.»

«Selbst die Telefongespräche und Verwarnungsschreiben, die ich zu Beginn meiner Streetchurch-Zeit jeweils erhalten habe wenn ich nicht beim Top4Job-Programm erschienen bin, waren freundlich. Und als ich dann am Morgen endlich wieder auftauchte, waren die Leute nett zu mir – wie Freunde oder Familienangehörige. Statt mir den üblichen Der-hats-wieder-nicht-geschafft-Blick zuzuwerfen, gab man mir zu verstehen: «Yes, du bist hier!». Wo gibt’s das sonst?
Ich war es damals nicht gewohnt, am Morgen beizeiten aufzustehen. Ich wohnte in einer furchtbaren Unterkunft, pflegte schlechten Umgang, trank, kiffte und hatte mit allen Stress: mit meiner Familie, mit der Polizei, eben mit allen. Und wenn ich einmal zu Geld gekommen bin, habe ich damit bestimmt nichts Gescheites angestellt.

In der Sozialberatung wurde mir erklärt, dass man mir nur helfen könne, wenn ich verraten würde, was mit mir los sei. Ich schämte mich für den Berg von Unterlagen, den ich mitgebracht hatte: Mahnungen, Schulden, Betreibungen. Gemeinsam gingen wir die Sachen durch und meine Sozialberaterin erklärte mir, wie ich die Unterlagen in Zukunft sortieren kann. Vorher sah das aus wie Konfetti bei mir. Mit ein paar Telefonaten sorgte sie dafür, dass plötzlich keine neuen Mahnungen mehr reingeflattert kamen. Es war, als ob jemand Pause gedrückt hätte.
Ich begann, mich langsam zu verändern. Das lag sicher auch an den vielen guten Gesprächen, die mich manchmal zum Weinen, aber oft auch zum Lachen gebracht haben, was mir sehr gut tat. Irgendwann hat es dann klick gemacht und ich sah für mich wieder eine Zukunft. Ich begann, meine Schulden abzubezahlen, arbeitete motiviert und fand eine Lehrstelle als Schreinerpraktiker. Auch mit meiner Familie habe ich mich versöhnt.
Heute ertappe ich mich sogar dabei, dass ich in meiner Freizeit den Schulordner hervornehme und zu lernen beginne.»